Die verkehrstechnische Erschließung unseres Wohngebietes

Der hohe Senat der Freien und Hansestadt Lübeck beschloss 1880 die Gründung der Lübecker Pferdeeisenbahn-Gesellschaft. Zu diesem Zweck wurden Aktien im Wert von 500 Reichsmark ausgegeben. Es wurde damals ein Kapitalbedarf von 300.000 Mark errechnet, das von Investoren innerhalb kurzer Zeit gezeichnet wurde. Nachdem der Pferdebetrieb aufgrund der Entwicklung der elektrischen Energie an Bedeutung verloren hatte, wurde die ALSAG (Allgemeine Lokal- und Straßenbahn AG) gegründet. Am 17. April 1893 wurde die ALSAG durch Genehmigungsurkunden des Lübecker Senats eingesetzt. Die AEG erhielt die Ermächtigung, die Pferdebahnstrecken umzubauen und zu verlängern. Die Betriebskonzession wurde für 30 Jahre erteilt. 1894 beschloss man, auf dem Marlier Feld eine Industrieausstellung durchzuführen. Mit einer Fläche von 140.000 Quadratmetern war dies damals die größte Ausstellungsfläche der Welt. Die Ausstellung wurde auch als "Weltausstellung" bezeichnet. Um den Marlier Feld leichter erreichen zu können, wurde die Marli-Bahn bevorzugt unterstützt.


Einer der eifrigsten Befürworter war der Baurat Wallbrecht, dem viele unbebaute Grundstücke direkt hinter der Moltkebrücke gehörten. Der Lübecker Senat schlug im Jahr 1904 vor, Herrn Wallbrecht die Konzession zum Bau einer Straßenbahn nach Marli zu erteilen. Die geplante Strecke sollte vom "Alten Bahnhof" vorm Holstentor über die Untertrave, Beckergrube, Pfaffenstraße, Königstraße, Hüxstraße, Hüxterdamm, Hüxtertor Allee, Moltkestraße, Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Jürgen-Wullenwever-Straße), Hövelnstraße und Marlistraße bis zur neuen Kaserne führen. Im Falle der Konzession sollte eine Bauzeit von 18 Monaten für die gesamte Strecke ausreichen. Da jedoch die ALSAG das Vorrecht für den Bau neuer Strecken im Lübecker Raum hatte, musste man zunächst Verhandlungen führen und sich einigen. Dies gelang jedoch nicht im Sinne der ALSAG, daher wurde dem Baurat Wallbrecht die Konzession für 30 Jahre ohne deren Zustimmung erteilt.


Der Bau der Gleise und einer Wagenhalle in der Verlängerung der Hövelnstraße auf dem Marlier Burgfeld, in der heutigen Göbenstraße, begann sofort. Am 9. Juni 1905 war es soweit! Um 6.30 Uhr morgens wurde die Marli- oder Wallbrecht-Bahn mit einer Strecke von 4,7 km eröffnet. Sie erfreute sich von Anfang an großer Beliebtheit. Die Marli-Bahn, die sich seit ihrer Inbetriebnahme Lübecker Straßenbahn nannte, verwendete dasselbe Zahlkassensystem wie die ALSAG. Allerdings erhielt der Fahrgast bei der Marli-Bahn eine Fahrkarte aus einem Automaten. Leider konnte der Baurat Wallbrecht die Eröffnung seiner Bahn nicht mehr miterleben, da er kurz vorher verstorben war. Die Marli-Bahn war jedoch von Anfang an ein erfolgreiches Unternehmen, und bereits im Jahr 1905 wurden Einnahmen von 38.440,40 Reichsmark verzeichnet. 1906 stiegen die Einnahmen auf 73.293,70 Mark und 1907 auf 88.808,70 Mark. 1908 konnte die Umsatzgrenze von 100.000 Mark überschritten werden. Aufgrund des erfolgreichen Geschäftsinteresses der Stadt Lübeck wurde das Unternehmen von der Stadt aufgekauft.


Am 12. April 1908 stellte der Senat der Hansestadt bei der Bürgerschaft den Antrag, die Lübecker Straßenbahn/Wallbrecht-Bahn zum Preis von 380.000 Mark zu erwerben. Die Bürgerschaft und auch die Wallbrecht-Erben stimmten dem Antrag zu, und so erlangte die Stadt Lübeck eine eigene Straßenbahn. Die Streckenführung wurde nun vom "Alten Bahnhof" zum heutigen Bahnhof erweitert. Ein Problem bei der gesamten Erweiterung war jedoch, dass sich die ALSAG als Inhaber der dortigen Streckenführung nicht mit der Lübecker Straßenbahn über die Kosten für den Stromanschluss einigen konnte. Deshalb wurde eine zweite Fahrleitung speziell für die Lübecker Straßenbahn verlegt. Bereits 1907 begann die Stadt Lübeck Verhandlungen mit der ALSAG über den weiteren Ausbau des Streckennetzes. Diese Gespräche führten jedoch nicht zu den gewünschten Ergebnissen und scheiterten an den Forderungen der Lokalbahn, die offenbar auf eine Verlängerung der erteilten Konzession spekulierte. Da sich diese Situation 1908 wiederholte, begann man mit Verhandlungen über den Ankauf der ALSAG. Im Februar 1909 erzielte man eine Einigung, und am 2. März 1909 stimmte die Bürgerschaft dem Senatsantrag zum Kauf der ALSAG zu einem Preis von 3.600.000 Mark zu.


Im April 1909 ging die ALSAG schließlich in den Besitz der Hansestadt Lübeck über, und das Intermezzo mit den zwei unabhängigen Straßenbahnunternehmen fand ein Ende. Im Oktober 1935 wurde eine neue Errungenschaft eingeführt: die Omnibus-Linie 1. Diese Linie fuhr von der Siedlung Brandenbaum über den Soldatenweg, die Roeckstraße und die Ratzeburger Allee zur damaligen "Heilanstalt" in Strecknitz, der heutigen "Medizinischen Universität". Die Bewohner des Ziegelhofes sparten zwar einen langen Fußweg in die Stadt, aber der Weg zur passenden Haltestelle der Linie 1 war dennoch recht weit. Ebenfalls neu eingerichtet wurden die Omnibus-Linie 2, die von der Israelsdorfer Allee/Ehrenfriedhof bis zur Kronsforder Allee/Helmholtzstraße fuhr, sowie die Linie 3, die ebenfalls von Brandenbaum über den Soldatenweg und das Hüxtertor zum Hauptbahnhof führte. Ende 1942 wurde die Linie 1 bis zum Eichholz "Seerosen-Teich" verlängert. Diese Strecke wurde stündlich bedient, und auch die Bewohner des Ziegelhofes waren endlich besser an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen. Im Mai 1942 wurden viele der städtischen Omnibusse auf den Betrieb mit Stadtgas umgerüstet.


An den Endhaltestellen der Buslinien und teilweise auch entlang der Strecken wurden Gastankstellen eingerichtet. Dort dauerte es damals etwa fünf Minuten, um den großen Gummi-Gas-Vorratsbehälter zu füllen, der sich oben auf dem Dach des Fahrzeugs in einem speziellen Holzkasten befand und langsam und deutlich sichtbar durch Schlitze prall und voll wurde. Aufgrund der angespannten Situation bei Straßenbahnen und Omnibussen begannen die Verkehrsbetriebe darüber nachzudenken, wie auch die Wasserwege in und um Lübeck für den allgemeinen Personenverkehr genutzt werden könnten.


Im Herbst 1940 erwarben die Lübecker Stadtwerke daher zwei etwas ältere Alsterdampfer aus dem Jahr 1870 von der Hamburger Hochbahn AG. Nach einer gründlichen Überholung konnten diese im Oktober 1941 im Linienverkehr zwischen der Puppenbrücke und dem heutigen Glashüttenweg eingesetzt werden. Im November wurde zusätzlich ein planmäßiger Betrieb rund um die Stadt Lübeck für den Berufsverkehr eingeführt. Im März 1941 übernahm die Stadt das Bootsunternehmen Rudolf Frahm und verstärkte seine Schiffsflotte um sechs neue Schiffe. Ein Teil dieser Wasserfahrzeuge wurde auf Holzgas umgestellt, um unabhängiger von dem damals knappen Treibstoff zu sein. Durch die neuen Schiffe war es möglich, von den Vorwerker Wiesen bis zum Glashüttenweg und von der Holstenbrücke bis nach Bad Schwartau mit dem Schiff nach Hause oder zur Arbeit zu fahren. 1941 kamen noch drei weitere Hamburger Alsterdampfer hinzu, sodass nun eine Linie von Lübeck-Schlutup zum Freibadestrand "Hohe Meile" an der Trave eingerichtet werden konnte. Außerdem übernahm man den Wasserfahrbetrieb von Karl Rotsch, der damals eine kleine Ausflugsflotte auf der Wakenitz betrieb.


1942 wurde auch die Flotte der zweiten Firma an der Wakenitz, die der Familie Bogaske gehörte, übernommen. Das größte Schiff der Stadtwerke war der Raddampfer "Rheingold", der im Mai 1942 vom Rhein an die Trave geholt wurde. Nach dem Bombenangriff im Jahr 1942 wurde er als Dampfergaststätte in der Nähe der Holstenbrücke vertäut und half dabei, die in der Innenstadt zerstörten Restaurants zu ersetzen. Nach dem Linienverkehr auf Trave und Wakenitz wurden die fünf Dampfer und 15 Motorboote, die im Jahr 1942 vorhanden waren, für Ausflugsfahrten nach Dassow, Travemünde, Hamberge, Kronsforde und Mölln eingesetzt. Einige dieser Boote waren auch nach Kriegsende noch im Einsatz. Kapitän auf einem Alsterdampfer auf der Wakenitz war auch Bruno Brede, ein Mitbegründer des Seglervereins Wakenitz im Jahr 1930. Dadurch hatten die Bewohner des Ziegelhofes das Glück, dass die Brücke des Seglervereins nach Bedarf von den Lübecker Fahrgastschiffen angelaufen wurde und man von dort direkt nach Ratzeburg fahren konnte.


Anfang 1948 stellten die Lübecker Stadtwerke den gesamten Bootsverkehr endgültig ein, und die während der Kriegsjahre beschlagnahmten Boote wurden an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben. Der gesamte Omnibusverkehr kam nach 1945 nur sehr langsam wieder in Fahrt. Die Stadtwerke hatten keine Reifen, während einige private Reisebusunternehmer zwar Reifen, aber keine Fahrzeuge mehr hatten. Daher kam es zu skurrilen Tauschgeschäften zwischen den Stadtwerken und einem Privatfuhrunternehmer unter dem Motto "Reifen gegen Bus" usw. Die Anbindung von Brandenbaum an den öffentlichen Verkehr dauerte ebenfalls eine Weile.


1950 war für die städtischen Verkehrsbetriebe ein bedeutendes Datum, da die Linienomnibusse zum letzten Mal mit Stadtgasantrieb fuhren. Damit verschwand ein weiteres Relikt aus den schlimmen Kriegsjahren, und die Verkehrsnetze der Stadtlinien wurden verbessert, komfortabler und vor allem dichter. Ab Juni 1959 wurde es für Ziegelhof-Krögerland interessant, da die Linie A (ehemals Linie 1) von Brandenbaum bis nach St. Hubertus fuhr und die Linie B von Eichholz, Steinlager bis zum Kolberger Platz. Es wurde auch eine zusätzliche Einsatzlinie B von Eichholz Seerosen-Teich zur Märkischen Straße eingerichtet. Nach den Doppeldeck-Omnibussen mit Anhänger und zwei Schaffnern kehrten bald die Zahlenbezeichnungen für die Buslinien zurück, und im Jahr 1961 wurde der erste Gelenkbus eingeführt. Dabei handelte es sich um einen Motorwagen und Anhänger in einem Stück. Diese modernen Verkehrsmittel wurden im Volksmund damals als "Langer Lulatsch" bezeichnet. Ab 1972 wurde der Betriebsfunk eingeführt, und ab 1976 kamen mit der Einführung der Unterflurmotor-Gelenkbusse Einmannwagen zum Einsatz.